Der künftige Gemeindepräsident vor seinem neuen Arbeitsplatz: Marco Millonig (SVP) wird per 1. Mai 2024 das Amt übernehmen.
Bild: Bruno Kissling
Marco Millonig nimmt am fünfeckigen Holztisch im Sitzungszimmer des Gemeindehauses in Mümliswil-Ramiswil Platz. In etwas mehr als fünf Monaten wird er, der vorher nie ein politisches Amt innehatte, hier seinen neuen Job antreten: Er ist der künftige Gemeindepräsident von Mümliswil-Ramiswil und tritt das Erbe von Langzeit-Gemeindepräsident Kurt Bloch (Mitte) an, der pensioniert wird.
Mitte September wurde Millonig still gewählt. Er war der einzige Kandidat. Dies, obwohl die Gemeindeverwaltung zuvor ein Stelleninserat aufschaltete: «Wollen Sie die Gemeinde Mümliswil-Ramiswil in die Zukunft führen?», war darin zu lesen.
Dem Entscheid, sich auf das Inserat zu melden, sei eine Reise vorausgegangen. «Als neu gewählter Feuerwehrkommandant hatte ich vor drei Jahren erstmals Kontakt mit dem Amt und den Gemeindebehörden», sagt er und ergänzt: «In dieser Rolle muss auch ein Team führen, ein Budget einhalten, viel organisieren.» Das habe ihn gereizt, deshalb habe er in der Findungsphase viele Gespräche geführt, währenddessen sei das Interesse gewachsen und so habe er «schliesslich den Talon ausgefüllt».
Zu 100 Prozent auf das Amt fokussieren
Der 38-Jährige ist gelernter Polymechaniker, seit Geburt im Guldental wohnhaft, verheiratet, hat verschiedene Weiterbildungen absolviert und arbeitet mittlerweile als Projektleiter bei einem Unternehmen, das Medizintechnik in Balsthal herstellt. Wenn er spricht, spricht er ruhig und überlegt, die Hände sind vor dem Knie gefaltet.
Zuerst war der Job als 40- bis 60-Prozent-Stelle ausgeschrieben. Für ihn sei von Anfang an klar gewesen, dass er sich den Job nur als Vollamt vorstellen könnte. «Ich will mich zu 100 Prozent auf die neue Aufgabe fokussieren und nicht hin- und hergerissen sein.» Daraufhin entschied der Gemeinderat, das zuzulassen. Ob das ressortlose System – in Mümliswil hat der Gemeindepräsident alles unter sich – beibehalten werden soll, werde noch besprochen.
Mümliswil-Ramiswil gilt als CVP-Hochburg. Kurt Bloch hat sein Amt seit 1998 inne. Auch sein Vorgänger war ein Vierteljahrhundert Gemeindepräsident. An den Ständeratswahlen vom 22. Oktober wählten 700 der insgesamt 1100 Leute, die an die Urne gingen, Pirmin Bischof. Bei den Kantonsratswahlen 2021 wählten 40 Prozent der Stimmberechtigten die damalige CVP. Auf Platz zwei folgte die SVP mit 33 Prozent.
Marco Millonig (rechts) mit seinem Vorgänger Kurt Bloch. Während vier Monaten werden die beiden zusammenarbeiten. Bild: Bruno Kissling
Damit geht in Mümliswil eine Ära zu Ende. Dies ist sich Millonig bewusst. «Ich schätze an Kurt seinen jahrelangen, riesigen Einsatz für die Gemeinde und sein wahnsinniges Fachwissen.» Es komme jedoch weniger auf die Partei an. «Wichtig ist, dass wir aus allen Parteien gute Leute im Gremium haben, die zusammen gute und nachhaltige Lösungen für unser Dorf finden.» Dabei gelte es, sich die verschiedenen Sichtweisen der Menschen anzuhören. «Das ist ja das Interessante.»
Gemeinderanking? «Nicht abschliessend beurteilen»
Ein anderer Weg wehe mit ihm, dem SVP-Vertreter, nun nicht. Ein neuer Besen fege schon anders, zitiert er ein bekanntes Sprichwort. Alles umkrempeln wolle er nicht. Ein typischer Vertreter seiner Partei sei er, weil er bodenständig sei und wirtschaftlich denke - auch auf kommunaler Ebene.
Millonig schätzt in Mümliswil-Ramiswil Land und Leute. Besonders angetan hat es ihm das Reckenkien. Bild: Chris Iseli
An seinem Dorf gefallen ihm Land und Leute. «Hier kennt und hilft man sich noch. Man kann sich vor jedem Haus die Wanderschuhe schnüren und landet an einem schönen Ort.» Besonders angetan haben es ihm der Rastplatz Stolten, der Vogelberg und das Reckenkien. Auch die Zusammenarbeit untereinander funktioniere sehr gut, das habe er als Feuerwehrkommandant schon mehrmals festgestellt. Es gebe nichts, was ihm nicht gefalle.
Die Rankings, in denen seine Wohngemeinde regelmässig auf den letzten Plätzen rangiert, könne er deshalb nicht abschliessend beurteilen: «Sie funktionieren nach einem Schema. Ob dieses Schema auf unsere Gemeinde anwendbar ist, lasse ich offen.»
Vielseitigkeit als Herausforderung
In fünf Jahren sieht er Mümliswil als Gemeinde mit zweckmässiger, moderner Infrastruktur, kollegialen Leuten und schöner Natur. Als Schlüssel, die Gemeinschaft im Dorf zu bewahren, sieht er die Anlässe und die Vereine: «So kann man sich nicht aus den Augen verlieren.» Es seien zwar auch in Mümliswil oft die gleichen Leute, die einem Verein oder einem Anlass vorstehen. «Aber im Hintergrund helfen viele mit. Und es braucht sie alle.»
2020 übernahm Marco Millonig (l.) das Kommando der Mümliswiler Feuerwehr. Bild: Fränzi Zwahlen-Saner
Als Herausforderung seines künftigen Jobs sieht er die Vielseitigkeit und die Intensität. «Es könnte schwierig werden, allen Ansprüchen gerecht zu werden. Aber versuchen kann ich es ja», sagt der 38-Jährige und lacht.
Ein Fest wie das Herbstschwinget Mümliswil brauche viele helfende Hände, ist sich Millonig bewusst. Bild: Andre Veith
Privat verbringe er gerne Zeit draussen: Fliegenfischen im Sommer, Pilzen im Herbst. Auch am Herd sei er oft anzutreffen, Grillen seine Spezialität. «Und ich bin auch gerne zu Hause bei meiner geliebten Frau und neuerdings unserem Chätzli.»
Ganz fünf Monate bis zum Stellenantritt sind es nicht mehr: Am 1. Mai tritt Millonig sein Amt zwar offiziell an. Seinen Job in der Medizinaltechnik hat er jedoch bereits per Ende Jahr gekündet. Am 1. Januar beginnt die viermonatige Übergangsfrist, in der er von Bloch «alles aufsaugen und lernen will, was ich kann».
Besonders freue er sich auf das komplett Neue. Ob er auch ein Vierteljahrhundert als Gemeindepräsident anstrebt, lässt er offen. Der Grundstein dafür wäre gegeben: 21 Jahre lang hat er im gleichen Betrieb gearbeitet.
Quellen: Solothurner Zeitung / svp-muemliswil-ramiswil / Bürgerliche Guldental